Rheuma, eine Krankheit mit vielen Gesichtern
Rheuma, ein Begriff, den fast jeder kennt. Weniger bekannt ist das Wissen darüber, was sich alles dahinter verbirgt. Rheuma ist die Sammelbezeichnung für hunderte von Erkrankungen mit
unterschiedlichen Ausprägungen und Krankheitsverläufen, die in ihrer Summe auch als Krankheiten des rheumatischen Formenkreises bezeichnet werden. Sie umfassen diverse Formen von entzündlichen
und degenerativen Vorgängen an verschiedenen Körperregionen. Vorwiegend betreffen rheumatische Erkrankungen den Stütz- und Bewegungsapparat, das heißt die Gelenke, die Wirbelsäule sowie Muskeln,
Sehnen und Schleimbeutel. Aber auch ein Befall des Bindegewebes, der Organe und Blutgefäße ist möglich. Betroffen sind überwiegend ältere Menschen, es erkranken aber ebenfalls Kinder und
Jugendliche aller Altersstufen.
Mögliche Ursachen rheumatischer Beschwerden
So unterschiedlich die Krankheitsverläufe und Ausprägungen der rheumatischen Erkrankungen sind, so unterschiedlich sind vermutlich auch die Ursachen. Denn wodurch rheumatische Erkrankungen
entstehen, ist bislang nicht vollständig erwiesen. Es gibt verschiedene Faktoren, die – nicht selten auch in Kombination – als Auslöser fungieren können. Die degenerativen Rheuma-Arten gelten als
Verschleißerscheinungen oder Folge von Überlastungen. Dauerhafte Überlastungen der Gelenke durch körperliche Fehlstellungen, Übergewicht oder Extremsport beispielsweise können auf lange Sicht
rheumatische Symptome hervorrufen. Rheuma-Arten wie die rheumatoide Arthritis hingegen, sind nach heutigem Wissensstand Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem aufgrund von
Fehlreaktionen den eigenen Körper angreift. Generell ist hier von einer genetischen Veranlagung auszugehen, da insbesondere die entzündlichen Formen gehäuft familiär auftreten. Auch einige
Autoimmunerkrankungen und Stoffwechselstörungen sind als Auslöser für entzündliche rheumatische Beschwerden bekannt. Des Weiteren kann auch eine Gefäßentzündung (Vaskulitis) zu einer
rheumatischen Erkrankung führen. Eine seltene Variante ist die Verursachung durch Krankheitserreger wie bei der durch Zeckenbiss ausgelösten Lyme-Arthritis.
Der Kreis der rheumatischen Erkrankungen kann auf unterschiedliche Weise gruppiert werden. Eine Möglichkeit besteht darin, lediglich nach entzündlichen und nicht-entzündlichen Formen zu
trennen.
Entzündliche rheumatische Erkrankungen
- alle Formen von Arthritis(Entzündungen der Gelenke verschiedenster Ursache, auch als Folge viraler oder bakterieller Infektionen)
- sämtliche Formen der Spondyloarthritis (entzündliche Erkrankungen von Wirbelsäule und Gelenken wie zum Beispiel Morbus Bechterew)
- Kollagenosen (Erkrankungen des Bindegewebes wie systemischer Lupus erythematodes oder Sklerodermie)
- Vaskulitiden (entzündliche Gefäßerkrankungen)
Rheumatoide Arthritis stellt die häufigste Form der rheumatischen Erkrankungen dar. Durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems kommt es hierbei zur chronischen Entzündung der
Gelenkinnenhaut, was sich durch Schwellungen, Schmerzen und Überwärmung bemerkbar macht und zu einer eingeschränkten Funktion der betroffenen Gelenke führt. Ohne Behandlung führt dieser Prozess
zu weitreichenden, irreparablen Schäden. Die daraus resultierenden Einschränkungen können alltägliche Verrichtungen massiv erschweren. Erste Anzeichen der Erkrankung sind häufig unspezifisch und
zeigen Symptome wie allgemeine Erschöpfung oder grippeähnliche Beschwerden. Besonders häufig sind zu Beginn der Krankheit die Grundgelenke der Finger und Zehen betroffen. Im weiteren Verlauf
kommen zunehmend weitere Gelenke, die Sehnenscheiden oder Schleimbeutel hinzu. Arthritis verläuft in Schüben, ein typisches Merkmal vieler rheumatischer Erkrankungen.
Morbus Bechterew ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, bei der es im Verlauf der Krankheit zu einer fortschreitenden Verknöcherung und Versteifung im Bereich der
Kreuzdarmbeingelenke und der Wirbelsäule führt. Symptome treten häufig bereits bei jungen Erwachsenen auf. Es kommt zu Schmerzen im unteren Teil der Wirbelsäule, die überwiegend nachts oder in
Ruhephasen auftreten und bei Bewegung wieder nachlassen. Die Krankheit verläuft schleichend über viele Jahre. Dabei gibt es abwechselnd Entzündungsphasen und Zeiten ohne Entzündungen. In einigen
Fällen kommt die Erkrankung im Frühstadium zum Stillstand, ohne gravierende Schäden zu hinterlassen. Bei ungünstigem Verlauf kommt es zu massiven Bewegungseinschränkungen. Um die Versteifungen
möglichst lange hinauszuzögern und so beweglich wie möglich zu bleiben, sollte eine Bewegungstherapie unter fachlicher Anleitung erfolgen und konsequent durchgeführt werden. Ergänzende
physikalische Anwendungen wie Massagen, thermische Anwendungen und eine angemessene Schmerzmedikation lindern nicht nur den Schmerz. Sie tragen zur Entspannung bei, verringern einseitige
Schonhaltungen und ermöglichen durch die schmerzlindernde Wirkung die bei Morbus Bechterew so wichtige Bewegung.
Nicht-entzündliche rheumatische Erkrankungen
- Arthrosen (degenerative Gelenkerkrankungen
- alle Arten von Weichteilrheuma
- Kristallarthropathien (wie Gicht)
- Knochenerkrankungen (wie Osteoporose)
Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung beim Personenkreis der über über 65-Jährigen. Etwa 90 Prozent dieser Altersklasse sind davon betroffen. Arthrose entsteht durch den
kontinuierlichen Abbau von Gelenkknorpel. Bei einem gesunden Gelenk bildet der Knorpel eine schützende Pufferschicht zwischen zwei Knochen, die in einem Gelenk verbunden sind. Wenn der
Gelenkknorpel vollständig zerstört ist, reibt Knochen auf Knochen. Starke Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sind die Folge. Nicht selten kommt es zusätzlich zu einer Entzündung der
Gelenkinnenhaut, die zu einer Schädigung der Sehnen und Bänder führen kann. Prinzipiell kann Arthrose in jedem Gelenk auftreten. Am häufigsten sind die Gelenke der Finger und der Hüfte sowie die
Kniegelenke betroffen. Typisch für Arthrose ist der sogenannte Anlaufschmerz nach Ruhephasen, der bei Bewegung mach einer gewissen Zeit nachlässt.
Weichteilrheuma umfasst den Komplex der Erkrankungen der weichen Strukturen des Bewegungsapparates. Das sind:
- Muskeln, Sehnen und Bänder
- Fettgewebe und Bindegewebe
- Nerven, Gefäße und Schleimbeutel
Von lokalisiertem Weichteilrheuma ist die Rede, wenn sich die Beschwerden auf eine bestimmte Körperregion beschränken. Schulter, Hand und Knie sind typische Regionen, die von Weichteilrheuma
betroffen sein können. Ursachen sind häufig Überlastungen (beispielsweise beim Sport), Fehlhaltungen, Verletzungen oder auch Verschleißerscheinungen. Die Behandlung ist immer von der Ursache und
Art der Beschwerden abhängig. Neben der Schmerztherapie sind Massagen, Dehnungsübungen, Übungen zur Kräftigung der Muskulatur und ergonomische Maßnahmen mögliche und sinnvolle Behandlungsansätze.
Behandlung rheumatischer Erkrankungen
Rheumatische Beschwerden sind komplex und abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung und erfolgt idealerweise in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Rheumatologen. Bei Rheuma handelt es sich
in der Regel um chronische Erkrankungen, die bislang nicht heilbar sind. Eine dauerhafte Behandlung ist erforderlich, um Schmerzen, Einschränkungen und Funktionsverlust so gering wie möglich zu
halten. Je früher die Behandlung einsetzt, desto besser ist die Prognose. Bei der rheumatoiden Polyarthritis sind die sogenannten Basistherapie ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung. Sie
erfolgt durch Arzneimittel, die auf die Entzündung in den Gelenken einwirken und diese hemmen sollen. Basistherapie wird sie genannt, da sie im Gegensatz zu Schmerzmitteln nicht nur bei Bedarf
erfolgt, sondern regelmäßig und dauerhaft. Führt die Basistherapie nicht zum Erfolg oder zeigen sich Unverträglichkeiten, kann eine Behandlung mit sogenannten Biologika erfolgen. Das sind Mittel,
die gezielt auf Immunreaktionen Einfluss nehmen und nicht nur die Symptome bekämpfen. Viele Betroffene erhalten Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Angestrebt
ist dabei größtmögliche Schmerzfreiheit oder zumindest Schmerzlinderung, um Bewegungsmöglichkeiten und Lebensqualität zu steigern. Nachteil dieser medikamentösen Therapie sind zum Teil erhebliche
Nebenwirkungen der Medikamente.
Im fortgeschrittenen Stadium sind Operationen, bei denen zerstörte Gelenke durch Prothesen ersetzt werden, manchmal unumgänglich.
Ergänzende Therapieformen
Neben der schulmedizinischen Behandlung haben sich auch Kälte- oder Wärmeanwendungen, Akupunktur, Massagen und Elektrotherapien als lindernd im Kampf gegen die Schmerzen bewährt.
Physiotherapeutische Unterstützung ist hilfreich, um Kraft, Ausdauer und Koordination zu fördern, ohne dabei eventuelle Einschränkungen durch Entzündungen und andere krankheitsbedingte Probleme
zu vernachlässigen. Ein angemessenes Bewegungskonzept fördert und erhält die Beweglichkeit der Gelenke und wirkt sich zusätzlich positiv auf das psychische Befinden aus.